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Unser Projektpartner: Hägglunds

Hägglunds ist ein Unternehmensbereich von Bosch Rexroth und erzielte zum Zeitpunkt des Projekts einen Jahresumsatz von rund 300 Millionen US-Dollar. Das Unternehmen entwickelt und fertigt hydraulische Radialkolbenmotoren und Antriebssysteme für Anwendungen mit höchsten Anforderungen an Drehmoment und Zuverlässigkeit.

Die Produkte gelten weltweit als technologisch führend. Der direkte Wettbewerb ist auf einen einzigen Anbieter begrenzt; der eigentliche Konkurrenzdruck entsteht durch alternative Antriebstechnologien, vor allem elektrische Systeme – die jedoch dort scheitern, wo Hägglunds-Lösungen besonders gefragt sind: bei niedrigen Drehzahlen in Verbindung mit extrem hohem Drehmoment.

Hydraulische Antriebssysteme von Hägglunds werden in einer Vielzahl von Industrien eingesetzt, unter anderem in Bergbau, Recycling und Wiederaufbereitung, Papier-, Gummi- und Kunststoffverarbeitung, Offshore-Technik, Fischerei und Baumaschinen.

Rund zwei Drittel des Umsatzes werden über OEMs generiert, das übrige Drittel über Endanwender. Umsatzseitig teilen sich Neusysteme und Aftermarket (Ersatzteile, Instandhaltung, Retrofit) jeweils etwa zur Hälfte.

Die Fertigung erfolgt in Mellansel, Schweden, in kleinen Stückzahlen und mit hoher Fertigungstiefe. Die Vertriebs- und Serviceorganisation umfasste zum Zeitpunkt des Projekts rund 50 Niederlassungen von Bosch Rexroth in 16 Ländern. In weiteren 20 Ländern wurde das Geschäft über spezialisierte Händler abgewickelt.

 

Ergebnisse

–50 % Anzahl der verwalteten Teile

– 50 % Montagedauer

80 % der Leistungseinheiten werden im Rahmen der Auftragserteilung konfiguriert

Diese Case Study können Sie sich als Teil unserer Case-Study-Sammlung hier herunterladen:

Herausforderungen im Unternehmen

Ende der 1990er-Jahre eröffnete sich Hägglunds ein erhebliches Wachstumspotenzial. Immer größere industrielle Anlagen – etwa in der Zuckerraffination – erforderten leistungsstärkere Antriebe mit hohem Drehmoment bei niedriger Drehzahl. Dieser Trend spielte den hydraulischen Systemen von Hägglunds in die Hände.

Zugleich wurde deutlich, dass die bestehende Struktur der auftragsorientierten Entwicklung und Fertigung nicht ausreichte, um die steigende Nachfrage wirtschaftlich zu bedienen. Die Vielfalt an Kundenanforderungen, kurzen Lieferfristen und neuen Anwendungsbereichen überforderte die bestehenden Abläufe.

Gesucht wurde daher ein Ansatz, mit dem Kundenbedarfe frühzeitiger erkannt und Teile der Produkte vorgefertigt oder vorentwickelt werden konnten – also noch vor dem eigentlichen Auftragseingang.

Parallel dazu wurde Hägglunds von einer Private-Equity-Gruppe übernommen. Ziel war eine Steigerung der Profitabilität. Ein Bonussystem wurde eingeführt, das Kostensenkungen und Effizienzgewinne mit Anreizen verknüpfte.

Engpässe im Marketing und Vertrieb: Zu langsam, zu individuell

Die Ausweitung auf neue Märkte und Anwendungen belastete das Marketing stark. Da alle Kundenanforderungen über den Vertrieb erfasst wurden, fehlte ein systematisches Verständnis für Zielsegmente und Anwendungstrends. Produktentwicklungen waren klein, technisch getrieben und boten kaum Hebel zur Kostensenkung.

Preisdruck und Wettbewerbsvergleiche – etwa mit elektrischen Antrieben – erforderten neue Produktmerkmale bei gleichzeitig attraktiveren Preis-Leistungs-Verhältnissen. Doch die Vertriebsprozesse waren träge. Tools und Konfigurationen basierten auf Excel, das Marketing hatte wenig Einfluss auf die Produktauswahl.

Jeder Auftrag führte in der Praxis zu einer individuellen Neukonstruktion. Die Wiederverwendung vorhandener Komponenten und Konstruktionen war die Ausnahme. Selbst die Angebotserstellung benötigte durchschnittlich drei Tage Entwicklungsaufwand – ein enormer Zeit- und Kostenfaktor.

Produktentwicklung: Exzellent in der Einzelanpassung, schwach in der Planung

Die Entwicklung war in erster Linie darauf ausgerichtet, spezifische Kundenanforderungen technisch präzise umzusetzen. Produktverbesserungen resultierten fast ausschließlich aus konkreten Aufträgen. Strategische Weiterentwicklungen oder Plattformplanungen fanden kaum statt.

Die Abteilung verfügte über erfahrene, langjährig gebundene Spezialisten. Der Standort des Unternehmens erschwerte die Rekrutierung neuer Fachkräfte – umso wertvoller war die geringe Fluktuation. Dennoch war die Entwicklungsinfrastruktur veraltet: Das CAD-System diente lediglich der Konstruktion und Kommunikation mit der Fertigung. Es gab keine zentralen Tools zur Datenverwaltung oder -vernetzung, keine gemeinsame Zeichnungsbasis, keine standardisierte Plattformpflege.

Plattformverantwortung oder ein Sortimentsmanagement existierten nicht.

Fertigung: Qualität hoch, Flexibilität begrenzt

Die Betriebsabläufe bei Hägglunds waren auf technische Leistung, nicht auf Effizienz oder Durchsatz optimiert. Die hohe Variantenvielfalt erschwerte jede Form der Vorausplanung. Ein übergreifendes Komponentenverzeichnis war nicht vorhanden.

Der Montageprozess war manuell geprägt: Einzelstationen, in denen qualifizierte Techniker komplexe Systeme zusammenbauten und testeten. Bei kleinen Stückzahlen funktionierte dieses Modell gut – die Qualität war konstant hoch. Doch mit wachsendem Volumen geriet das System zunehmend unter Druck: Lieferzeiten verlängerten sich, Ressourcenengpässe entstanden, Skalierung war kaum möglich.

Gesetzte Optimierungsziele

Angesichts des Potenzials, die Technologie von Hägglunds in neue Märkte und Anwendungen zu übertragen, suchte das Unternehmen nach Wegen, um wachstumsfähig und profitabel zu skalieren. Eine zentrale Frage war, wie die begrenzten Entwicklungsressourcen künftig eingesetzt werden sollten.

Statt jedes System kundenspezifisch neu zu entwickeln, sollte der Fokus auf einer vorausschauenden Produktentwicklung liegen: Ziel war es, standardisierte Systemkonfigurationen aus einem geordneten Sortiment modular aufgebauter Produktfamilien ableiten zu können. Die Modularisierung sollte zudem eine effizientere Verwaltung und kontinuierliche Aktualisierung der Plattformen ermöglichen.

Erste Schritte zur Modularisierung und Marktetablierung

Im Jahr 1998 begann Hägglunds mit dem Aufbau modularer Strukturen. Der Prozess startete mit der systematischen Analyse von Kundenanforderungen auf neuen Märkten – nicht nur aus technischer, sondern erstmals aus architektonischer Perspektive. Bestehende Produkte wurden kurzfristig um neue Eigenschaften ergänzt, während mittel- bis langfristig eine vollständige Integration in ein zukunftsfähiges Baukastensystem vorbereitet wurde.

2003 startete die strukturierte Entwicklung der modularen Architektur für die hydraulischen Antriebseinheiten, dem Kern des Produktprogramms. Kurz darauf wurde Hägglunds durch Bosch übernommen. Die Betriebsabläufe und Vertriebssysteme wurden in das Bosch-System integriert.

Das Markteinführungskonzept sah vor, sich zunächst mit einem passgenauen Lieferprogramm in neuen Anwendungen zu etablieren, bevor Effizienzmaßnahmen in der Produktion und Lieferkette greifen sollten. Die Reduktion der Zeitspanne für die Entwicklung neuer Varianten stand dabei im Vordergrund.

Ziele der Modularisierung: Lieferzeit, Montage, Teilevielfalt

Nachdem sich Hägglunds 2003 erfolgreich in neuen Märkten etabliert hatte, rückten Lieferzeitverkürzung und Kostenreduktion stärker in den Fokus. Der Wertvorsprung gegenüber konkurrierenden Technologien war nicht mehr selbstverständlich. Neue Technologien hatten aufgeholt – nun galt es, die eigene Effizienz zu steigern.

Die angestrebten Effekte im Überblick:

  • −60 % Lieferzeit durch planbare Fertigung, Lagerhaltung von Standardmodulen und vorausschauende Supply-Chain-Steuerung
  • −50 % Montagezeit durch vormontierte Module, die bei Auftragseingang flexibel integriert werden konnten
  • −50 % Teileanzahl pro Produktlinie, um Komplexitätskosten und Materialvielfalt zu reduzieren

Effizienz im Angebotsprozess: Weniger Aufwand, höhere Standardisierung

Ein erheblicher Anteil der Kosten fiel nicht im Produkt selbst, sondern im Vertriebs- und Angebotsprozess an. Für jede Angebotskalkulation benötigte Hägglunds rund drei Ingenieurarbeitstage – unabhängig vom späteren Auftragseingang.

Die neue modulare Struktur sollte diesen Aufwand drastisch reduzieren:

  • In 80 % der Fälle sollte die Produktkonfiguration ohne Unterstützung der Entwicklung erfolgen können
  • In den verbleibenden 20 % sollte der Anteil standardisierter Teile mindestens 70 % betragen, um auch komplexere Anfragen effizienter bearbeiten zu können
Diese Maßnahme zielte auf eine Entlastung der Entwicklung, eine schnellere Reaktionsfähigkeit im Vertrieb und eine spürbare Senkung der Akquisitionskosten – ohne dabei auf kundenspezifische Leistungsfähigkeit zu verzichten.

Was wir gemeinsam erreicht haben

Hägglunds veränderte grundlegend, wie Lösungen am Markt positioniert und bereitgestellt werden. Statt wie früher jeden Kundenauftrag individuell zu konstruieren, wurden neue Kundenanforderungen im Voraus analysiert und systematisch in die modular aufgebauten Produktfamilien integriert. Individuelle Lösungen werden weiterhin angeboten – jedoch bewusst standardisiert produziert. Standardanwendungen erfordern heute keinen maßgeschneiderten Entwicklungsaufwand mehr.

Diese neue Agilität ermöglichte Hägglunds den erfolgreichen Eintritt in zahlreiche neue Märkte und Anwendungen. Gleichzeitig wurde das Produktsortiment breiter und der Steuerungsgrad über die Systeme und Lieferprozesse deutlich erhöht. Entscheidungen stützen sich nicht mehr auf Einzelkonzepte, sondern auf die gesamte verfügbare Produktarchitektur.

Marketing als strategische Leitfunktion

Im Zuge der Modularisierung stieg die Bedeutung des Marketings erheblich. Kundenanforderungen wurden systematisch erhoben, Produktmerkmale gezielt darauf ausgerichtet. Entwicklungsressourcen werden heute vorausschauend eingesetzt – bereits vor der Anfrage.

Ergebnis: Rund 80 Prozent der Aufträge können im Vertrieb direkt konfiguriert werden, ohne dass technische Entwicklung benötigt wird. Besonders wirksam war in diesem Zusammenhang die Einführung der neuen modularen hydraulischen Antriebseinheiten.

Ein zentrales Instrument ist der Produktkonfigurator, der dem Vertrieb weltweit Zugriff auf das gesamte Sortiment ermöglicht. Kundenanforderungen lassen sich gezielt Produktvarianten zuordnen. Jeder Abschluss erzeugt automatisch vollständige Angebotsunterlagen inklusive Spezifikation, Stückliste und Preis. So lassen sich Hägglunds-Systeme heute einfach und schnell international vermarkten.

Die Produktarchitektur deckt ein breites Leistungsspektrum ab und berücksichtigt unterschiedliche Preissegmente. Damit konnten indirekte Kosten signifikant gesenkt werden – insbesondere durch die Reduktion der verwalteten Teileanzahl um 50 Prozent.

Strukturierte Konstruktionsmethodik und digitale Integration

Ein weiterer Meilenstein war die Transformation der CAD-Arbeitsweise. Modular Management unterstützte Hägglunds beim Aufbau einer systematischen Methodik, die die Arbeit mit modularen Produktarchitekturen gezielt unterstützt.

Diese Methodik sorgt dafür, dass nicht mehr nur einzelne Varianten konstruiert, sondern der gesamte Produktbereich ganzheitlich betrachtet wird. Module, Varianten und Schnittstellen werden konsistent dokumentiert. Die so entstehenden Daten sind konfigurierbar und ermöglichen die automatische Ableitung auftragsspezifischer Lösungen.

Zugleich wurde die IT-Infrastruktur angepasst, um die Modell- und Produktdaten verwaltungsfähig zu machen. Die neue Systematik unterstützt die Pflege des modularen Baukastens und erhöht die Effizienz in der Produktdatenverwaltung erheblich.

Projektunterstützung und messbare Ergebnisse

Hägglunds verfügte zu Projektbeginn über keinen internen Projektleiter mit Erfahrung in modularer Architekturentwicklung. Modular Management stellte einen Berater mit entsprechender Expertise zur Verfügung, der eng mit den internen Teams arbeitete – unter Berücksichtigung bestehender Strukturen und Unternehmenskultur.

Die Ergebnisse sprechen für sich:

  • Ein Drittel des gesamten Lieferprogramms kann heute mit einer Lieferfrist von nur vier Wochen bereitgestellt werden
  • Möglich wurde dies durch planbares Lieferkettenmanagement, verbesserte Verfügbarkeit von Komponenten und gezielte Lagerhaltung
  • Die Montagezeit der hydraulischen Antriebseinheiten wurde um 50 Prozent verkürzt – durch eine strukturierte Neugestaltung der Baugruppen aus Sicht der Montage

Modulare Architektur in Aktion

Im Zuge der modularen Transformation verlagerte Hägglunds seinen Marktzugang: Statt lediglich Komponenten zu verkaufen, wurde es zur Vertriebsstrategie, komplette Systeme anzubieten – darunter vorkonfigurierte Hydraulikmodule und vollständige Antriebseinheiten inklusive Steuerung und Anschlusstechnik. Dies entsprach deutlich stärker den Bedürfnissen der Kundenanwendungen und ermöglichte die Integration der Antriebseinheiten in übergeordnete Systemlösungen.

Die modulare Struktur ermöglichte es, Varianten direkt aus einem vordefinierten System zu konfigurieren, anstatt jede Antriebseinheit individuell neu zu konstruieren. Der Grundgedanke war ein strategischer Rollenwechsel: von der klassischen Einzelkonstruktion nach Kundenvorgabe hin zur vorausschauenden Angebotserstellung mit vorkonfigurierten Varianten für definierte Einsatzbereiche.

Diese Denkweise knüpfte an die modulare Struktur der Hydraulikmotoren an, die bereits Konfigurierbarkeit erlaubte. Der Versuch, die frühere Generation von Antriebseinheiten in vergleichbarer Weise anzupassen, wäre angesichts der hohen Teileanzahl kaum wirtschaftlich gewesen.

Marktforschung als Basis für standardisierte Varianten

Die Anzahl und Ausprägung der Modulvarianten basierten auf umfangreicher Marktforschung im Vorfeld. Daraus ergab sich ein klarer Zielwert: 80 Prozent aller Antriebseinheiten sollten bereits bei Auftragserteilung konfigurierbar sein, ohne zusätzliche Entwicklungsaufwände.

Das hatte spürbare Auswirkungen:

  • Reduktion des Aufwands in der Angebotsbearbeitung
  • Freisetzung technischer Ressourcen für den Systemvertrieb
  • Verkürzte Lieferfristen
  • Reduzierte Installationszeiten durch schlüsselfertige Bereitstellung

Interner Wandel: Vertriebsumstellung und Rollenveränderung

Ein zentrales Hindernis bei der Markteinführung war die Akzeptanz im Vertrieb. Viele Techniker zweifelten zunächst, ob komplexe Antriebseinheiten wirklich konfigurierbar seien. Erst als das neue Konfigurationstool vorgestellt wurde – mit Fokus auf anwendungsbezogene Eigenschaften statt technische Einzelentscheidungen – änderte sich die Wahrnehmung.

Der Umschwung kam auch, als deutlich wurde, dass mehr Systemlösungen statt Einzelkomponenten verkauft wurden – was für viele Mitarbeitende eine spannendere und strategischere Aufgabe darstellte.

Neue Schwerpunkte in Konstruktion und Montage

Die veränderte Denkweise im Vertrieb wirkte auch auf die Produktentwicklung zurück. Konstruktion und Fertigung wurden stärker auf Montageeffizienz und Systemintegration ausgerichtet. Die Zahl der Teile in den Antriebseinheiten wurde um rund 50 Prozent reduziert, was die Montagezeit deutlich verkürzte.

Als Konsequenz wurde eine vollständig neue Fertigungsstraße vorgeschlagen – abgestimmt auf den modularen Aufbau und ausgelegt auf höhere Stückzahlen bei standardisierten Baugruppen.